Meine Gedanken

Mein Name ist Reinhard Schneider. Ich habe in den 1980er Jahren in Wuppertal bei Odo Klose Industrie Design studiert. Neben dem Bauhaus öffnete Otl Aichers Buch „Die Küche zum Kochen“ mit seinem Leitgedanken die Gestaltung umfassend und weiter zu denken als vom konkreten Objekt eine kritische Haltung zum Design. So beschäftigte mich auch Sebastian Kneipp mit seiner Haltung zur gesunden Lebensführung. Goethes Farbenlehre und Hugo Kückelhaus eröffneten mir einen anderen Blickwinkel als die naturwissenschaftliche Sicht eines Isaac Newton. So zeigte Kückelhaus in seinem Erfahrungsfeld der Sinne, z.B. das Licht nur sichtbar wird, wo Schatten ist und Zeit erfahrbar wird, wenn der Schatten des Fensterkreuzes über die Wand des Zimmers wandert. Immanuel Kant mit seiner „Kritik der Urteilskraft“ prägten meine Vorstellung zur Ästhetik, ebenso wie Haugs „Kritik der Warenästhetik“. In diesem Kontext verstehe ich Sachlichkeit und Ästhetik.

In den 90er Jahren beschäftigte ich mich mit den damals maßgeblichen Kulturkreisen USA und Japan. Neben der Reisefotografie lernte ich besonders in Japan die unterschiedlichsten Gärten und -vorstellungen kennen.

Mit der Umsiedlung nach Unterfranken erhielt ich die Möglichkeit diese Vorstellungen, zusammen mit meiner Frau Sabine Pecoraro-Schneider, in unserem Garten und seit 2016 auch in bildender Kunst umzusetzen.

Es gibt die Vorstellung von 3 Häuten, bzw. Schichten, mit denen sich der Mensch umgibt:

  • 1. die Haut selbst
  • 2.  die Kleidung
  • 3. die Wohnung oder das Haus und sein Garten

Zu der Zeit war die Halogen-Lampe des Designers Richard Sapper eine Designikone und er erklärte seine Designauffassung so: Der Mensch braucht die Natur und eine natürliche Umgebung. Da wo diese fehlt, sollten die Gegenstände und sein Umfeld nach den Gestaltungsprinzipien der Natur gestaltet sein.

Mein Professor Odo Klose erzählte von einer Studie der Autoindustrie, in der erforscht wurde, warum manche Autos schneller kaputt gingen und reklamiert wurden. Es lag an der bestimmten Farbe, die von den Menschen unbewusst abgelehnt wurde und dazu führte, dass sie sehr unpfleglich, ja aggressiv mit dem Fahrzeug umgingen.

Das Thema Zeit und seine Wahrnehmung beschäftigte mich ebenso und mir begegneten die Uhren, die es vor der mechanischen Uhr gab, speziell in Japan. Hier hatte der helle Tag die gleiche Anzahl Stunden wie die dunkle Nacht. Was dazu führte, dass die Stunden nicht gleich lang waren. So waren z.B. die Tages-Stunden im Sommer länger und im Winter kürzer. Auch hatte man, vielleicht auch heute noch, in Japan eine andere Vorstellung von den Begriffen, die wir Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nennen. Hier gehört zur „Vergangenheit“ auch das Jetzt und das Künftig. Wie die „Gegenwart“ auch die „Vergangenheit“ umfasst wie auch die „Zukunft“. Was bedeutet, dass wir die Gegenwart nicht ohne das vorherige verstehen können und verstehen sollen, welche Zukunft wir gestalten mit unserem Handeln im Jetzt.

Während meiner Reise durch Japan Mitte der 1990er Jahre, mit Schwerpunkt auf die historische Architektur und die verschiedenen Gärten sowie die Menschen und die Industrie, begegnete mir der Maler Hokusai in seinen Holzschnitten, von denen ich einige Nachbildungen erwarb. Im Westen ist besonders die Darstellung der „Großen Woge im Hafen“ bekannt. Hier zeigte sich eine andere Vorstellung von Natur. Von der Vorstellung der beseelten Natur, dem Animismus im Shinto hatte ich schon gehört. In den Bildern wurde deutlich, das der Mensch mit seinem Bestreben und Tätigkeiten klein ist in der riesigen Natur.

Ein Kollege erzählte später eine Anekdote: Ein Handelsreisender kam kurz vor Ladenschluss zu einem Ladenbesitzer und wollte ihm Neuheiten präsentieren. Der Ladenbesitzer warf ihn kuzerhand raus mit der Bemerkung dass er jetzt Ladenschluss hätte und dringend anderswo erwartet würde. Der Vertreter ging noch einmal in den Laden, entschuldigte sich und bat den Ladenbesitzer vor die Tür. Dort zeigte er ihm den weiten Sternenhimmel…

Heute berichtet uns die Astronomie von Multiversen und dass unsere Galaxie ein Sandkorn in unserem Universum ist. Wir stehen nicht im Zentrum der Welt.

In der europäischen Kultur hatten zunächst Götter und ihre weltlichen Vertreter im Zentrum der Darstellung gestanden. Mit der Renaissance wurde der Blick auf das Individuum gelenkt und schließlich auf die individuellen Empfindungen und Sichtweisen. Aber immer noch steht der Mensch im Zentrum.

Mit meinen Arbeiten möchte ich die Sichtweise verschieben auf die Darstellung von Natur und ihren Gestaltungsgesetzen wie z.B. Symmetrie, Asymmetrie, Gleichgewicht, Rhythmus und Kontrast.  Dabei sehe ich die Wandlung – Metamorphose als übergeordnetes Thema. Verwandlung wie die Jahreszeiten, die im Garten erlebbar werden, sowie die einzelnen Formen der Pflanzen, die immer Ästhetisch sind während der Verwandlungen die sie durchlaufen. So möchte ich in den Skulpturen verschiedenen Zustände gleichzeitig darstellen, die sonst nicht darstellbar sind. Im Foto wird der Augenblick einer 1/1000 Sekunde festgehalten, ich kann vielleicht im Zeitraffer die Abfolge der Verwandlung erkennen, aber die Gleichzeitigkeit von vorher, jetzt und hinterher, die im Kopf stattfindet kann ich wohl nur mit einer Skulptur darstellen.